Hallo meine Lieben,
und alle anderen, die sich hier her verirren.
Um mich und in mir war es in den letzten Jahren sehr turbolent und ich dachte mir, um einen Überblick zu behalten, ist das hier genau das Richtige :-)

Donnerstag, 27. September 2012

Intercultural Communication



Oder: "Warum es so schwierig ist, mit den Türken aus zu Potte zu kommen."

Wer international unterwegs ist, der kennt das Phänomen: nichts ist und läuft richtig, wie man es von zuhause kennt und gewohnt ist und vor allen Dingen, wie man es gerne hätte.
Durchaus verständlich, schließlich treffen verschiedene Kulturen aufeinander und keine ist wie die andere. Uns mit anderen Menschen mit unserm eigenen kulturellen Hintergrund auseinander zu setzen ist schon oft schwer genug. Doch wie soll man dann mit jemandem zusammenarbeiten, der nicht nur individuell anders ist, sondern für den die Welt ganz anders aussieht und funktioniert als für uns. Dass das nicht unmöglich ist beweist alleine schon das Projekt „EU“ in dem 27 Länder zusammenarbeiten, sich gegenseitig absichern und zusammen konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt handeln. Das geht auch nicht ohne Konflikte aufgrund der kulturellen Unterschiede wie man momentan an der viel beschriebenen Schuldenkrise sehen kann. Und doch ist das Projekt EU eigentlich ziemlich erfolgreich, z.B. ermöglicht es uns zu leben, zu arbeiten und zu studieren wo wir wollen. Der Wahlspruch der EU heißt übrigens „In Vielfalt vereint“, und darum geht’s doch eigentlich.
Manche Kulturen ähneln sich mehr als andere, vollkommen gleich sind ja nicht mal die Kulturen innerhalb eines Landes: für den Amerikaner sind wir alle Deutsche, aber welcher Rheinländer will schon gerne mit einem Westfahlen über einen Kamm geschert werden?


Anhand von Aspekten der verschiedenen Erklärungsmodelle von Edward T. Hall und Clyde Kluckhohn werde ich diese kulturellen Unterschiede mal am Beispiel von Deutschland und der Türkei deutlich machen, denn größer könnten die Unterschiede zwischen 2 Kulturen gar nicht sein. Allerdings lässt sich auch jede andere Kultur und die daraus resultierenden Missverständnisse in der Kommunikation anhand dieser Modelle analysieren und dadurch verstehen.
Hall unterscheidet zwischen low- und high-context-communication, sowie monochronical und polychronical cultures, außerdem weist er unter anderem auf Unterschiede in der Schnelligkeit des Informationsaustausches hin.
Eine low-context-communication ist Kommunikation, die nicht auf dem Kontext, also den Gegebenheiten, dem Hintergrund der beteiligten Personen und der Atmosphäre basiert, sie funktioniert vor allem über das gesprochene und geschriebene Wort. Während sich bei einer high-context-communication die beteiligten Personen gut verstehen, auch ohne viel zu sagen, sie funktioniert vor allem nonverbal.
Deutsche kommunizieren vor allem im low-context Modus, während die Türken eine high-context Kultur sind. Für Deutsche ist Kommunikation durch gesprochenes oder geschriebenes Wort essentiell, die Information muss strukturiert und klar sein, dadurch ist der Informationsfluss relativ langsam. Deutsche brauchen detaillierte und spezifische Informationen, sie starten im Gespräch gerne mit dem Hauptpunkt und enden in den Details. Türken dagegen kommunizieren eher nonverbal, viele Dinge sind für sie so selbstverständlich, dass sie nicht extra ausgesprochen oder -geschrieben werden müssen. Daher reichen ihnen weniger Wörter um das auszudrücken, was sie meinen. Sie leben in größeren Gruppen zusammen und haben meist ein großes Netzwerk, persönliche und geschäftliche Netzwerke greifen ineinander, daher haben sie weniger detaillierte und spezifische Informationen nötig. Sie starten im Gespräch gerne mit dem Kontext, weil dieser für sie den Hauptteil ihrer Kommunikation ausmacht (für Deutsche klingt das dann wie die Details) und sparen sich den Hauptpunkt für den Schluss auf. Wobei dies für Türken keine 2 getrennten Dinge darstellt, sondern das große Ganze einer ganzen Geschichte.
Des Weiteren unterscheidet Hall zwischen monochronical und polychronical Kulturen.
Die Deutschen sind eine klassische monochronische Kultur, sie lernen schon in der Schule, dass Zeit linear verläuft und können sie dadurch in Blöcke einteilen und verplanen. Dadurch ist es für sie möglich, sich zu einer bestimmten Zeit auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren und sie mögen es nicht, darin unterbrochen zu werden, denn das bringt ihre Planung durcheinander. Für Deutsche ist Zeit Geld, man kann sie sparen, verschwenden und verlieren. Aus diesem Grund sind monochrone Kulturen Champions im Einhalten von Deadlines und werden dafür geachtet.
Für Türken hingegen verläuft die Zeit nicht linear sondern in alle Richtungen, deshalb bevorzugen sie es, viele Dinge gleichzeitig zu tun und konzentrieren sich mehr auf Menschen als auf Termine. Für Türken ist die Zeit elastisch und passt sich von alleine ihren Bedürfnissen an, für sie bestimmt nicht die Uhr den Tagesablauf. Aus diesem Grund sind polychrone Kulturen Meister darin, viele Sachen parallel zu machen und für sie sind Unterbrechungen kein Problem.
Diese Unterschiede sorgen auch schon für einen Unterschied in der Geschwindigkeit und der Menge des Informationsaustausches untereinander. In Deutschland bleiben die meisten Informationen lange ein einem Platz und sind nicht offen zugänglich. Die Information kommt nicht zum Deutschen, sondern er muss sie sich holen oder die Informationen werden gefiltert weiter gegeben (z.B. durch Sekretärinnen). Während es für Türken wichtig ist immer up-to-date zu sein und alle up-to-date zu halten, dafür haben sie große Netzwerke wo die Informationen ungefiltert kursieren. Die Abteilungen wissen untereinander, was in der anderen Abteilung passiert, weil sich die Menschen auf dem Flur bei einer Pause unterhalten. Einer Pause, die die Deutschen Zeit kosten würde, während sich die Zeit der Türken ihren Pausen anpasst.
Während sich Hall vor allem auf die direkte Kommunikation konzentriert, stellt Kluckhohn grundsätzliche Kulturunterschiede fest, die sich selbstverständlich auch auf die Kommunikation unter den Kulturen auswirken.
So unterscheidet er z.B. zwischen dominierenden und harmonisierenden Kulturen, zwischen Kulturen des Lebens und des Arbeitens oder der Einstellung gegenüber dem menschlichen Naturell.
Die Deutschen sind eine typische dominierende Kultur. Jetzt wird natürlich jeder sofort an die 2 Weltkriege denken, die von uns ausgingen und diese Assoziation liegt sicherlich nicht ganz fern. Doch gemeint ist damit auch, dass die Deutschen auftretende Probleme sofort systematisch lösen wollen um alles wieder im Griff zu haben. Ein unwichtiger Kratzer im Autolack muss z.B. so schnell wie möglich rauspoliert werden. Menschen aus harmonisierenden Kulturen wäre der Kratzer egal, solange das Auto noch fährt. Sie akzeptieren die Gegebenheiten, wie auch die Natur, so, wie sie sind. So ist es z.B. auch dem Türken nicht so wichtig alle Probleme sofort systematisch und gründlich zu beseitigen. Er akzeptiert die Gegebenheiten erst mal so wie sie sind, manche Probleme löst er dann, andere, die er für nicht so wichtig erachtet lässt er bestehen.
Die Deutschen sind ein in die Zukunft orientiertes Volk, das bedeutet sie haben Visionen und richten ihr Leben darauf aus. Der Türke lebt im Hier und Jetzt und macht meist nur Pläne für die nähere Zukunft, außerdem sind ihm Traditionen aus der Vergangenheit, z.B. religiöser Natur äußerst wichtig.
Während die Türken ein kollektives Volk sind, sind die Deutschen eher Einzelgänger. Als Familie meint der Türke z.B. auch die entfernte Familie, sie definieren sich als ein Mitglied der Gruppe und das Höchste Gut ist das Wohlergehen dieser Gruppe. Es steht über dem individuellen Wohlergehen. Man sorgt füreinander und daher rührt auch die Tendenz zur high-context-communication und die Vorliebe für Netzwerke. Dagegen ist in Deutschland die individuelle Unabhängigkeit sehr wichtig, so definiert sich jeder selbst, auch ist die direkte Familie wichtiger als die entfernte und Netzwerke werden meist nur geschäftlich aktiv ausgebaut und genutzt.
Die Deutschen sind eine grundsätzlich eher maskuline Gesellschaft, was nicht sagen will, dass wir zu viele Männer haben. Aber ihnen werden eher männliche Charakterzüge zugeordnet. Die Deutschen sind erfolgsorientiert, es ist gut der Beste zu sein und Superlative spielen eine große Rolle wohingegen in der Türkei  die Lebensqualität eine viel wichtigere Rolle spielt, man kümmert sich umeinander und ist als Person mit sich selbst im Reinen. Die Türken sind eine eher feminine Gesellschaft.

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Missverständnisse vorprogrammiert sind. Z.B. verwirrt der Deutsche den Türken mit viel zu vielen einzelnen Informationen, die er in ein starres Zeitkonstrukt verpackt versucht jemandem klar zu machen, der mit beidem nichts anfangen kann. Umgekehrt verwirrt der Türke den Deutschen damit, sich in den vermeintlichen Details zu verlieren, nicht auf den Punkt zu kommen und kostbare Zeit zu verschwenden und suggeriert damit eventuell sogar Desinteresse obwohl die Tatsachen anders aussehen.
Ein grundsätzlicher Unterschied, der mit großer Sicherheit immer wieder zu Missverständnissen führt ist das grundverschiedene Verständnis von der menschlichen Natur.
Die Deutschen sind eine low-trust-culture, das bedeutet sie gehen erst mal eher vom schlechten im Menschen aus, sie haben die Tendenz zum Misstrauen. Das äußert sich z.B. darin, dass Deutsche ihre Türen abschließen. In der Arbeit kontrollieren, beaufsichtigen und bestrafen sie, weil die Deutschen davon ausgehen, dass die Arbeit nicht gut erledigt wird.
Im Gegensatz dazu sind die Türken eine high-trust-culture, die sich sehr vertraut, sie überlassen den Arbeitern die Verantwortung für ihr Handeln und haben dadurch die Möglichkeit zu Innovation.

Die Kunst ist, den anderen so zu akzeptieren wie er ist, nicht merkwürdig und komisch oder besser oder schlechter als das andere, sondern einfach nur anders. Wenn beide Parteien sich in der Mitte treffen und einen Teil der Kultur des anderen in sich aufnehmen und anwenden, dann können dadurch großartige Sachen entstehen.
In Vielfalt vereint.

In diesem Sinne,
eure Kati

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